Hoffnung in den Zeiten des Krieges

Wir leben in einer Zeit voller Krisen. Die Pandemie ist nicht überwunden. Meine Corona- App auf dem Handy ist nur noch Rot. Mich trägt, dass ich mit meiner Impfung mich aber auch meine Liebsten schütze und mit einer Maske mich zusätzlich physikalisch schütze. Im Augenblick kennen wir wohl alle jemanden, der sich gerade krank gemeldet hat und wünschen ihnen allen eine gute Genesung.

Im Corona-Kita-Rat des  Ministeriums erfahre ich in regelmäßigen Abständen über die Lage der Kitas und Kinder und Mitarbeiter*innen. Viele Einrichtungen sind geschlossen oder haben hohe Mitarbeiterausfälle zu beklagen. Viele Kinder bleiben zu Hause und mit ihnen die Eltern. Deshalb war ich froh, dass es uns in Verhandlungen gelungen ist, mehr Kinderkrankentage und Entschädigungsleistungen für Eltern zu erreichen und dass die Kurzarbeit bei Elterngeldberechnung als Vollerwerb eingerechnet wird, so dass keine Nachteile entstehen und dass viele Träger von sozialer Infrastruktur verantwortungsvoll und umsichtig handeln, um uns alle zu schützen. Wofür ich keine Verständnis habe sind die Impfgegner, die durch tausende Mails unsere Mailboxen bei der Arbeit lahmlegen und damit unsere Arbeitsfähigkeit. Denn letzteres ist gefordert, mehr denn je. Hört bitte auf damit!

Denn eine zweite Krise ist mitten unter uns. Es herrscht ein Krieg in Europa. Das hat wirtschaftliche, versorgungstechnische, energetische aber vor allem menschliche Auswirkungen :

Am Samstag war ich mit zwei Mädchen aus der Ukraine unterwegs, die bei uns im Nahbereich angekommen sind. Wir sind losgezogen, um sie mit notwendiger Kleidung, Schulsachen und täglichem Bedarf auszustatten. Sie kamen an mit einem kleinen Koffer und vielen Tränen in den Augen. Das was ihnen an materiellen Gütern fehlt, können wir bieten. Aber die Tränen können wir nicht trocknen, die Angst, ihre Liebsten, Familie, Freunde zu verlieren, können wir ihnen nur schwerlich nehmen. Wir können nur versuchen, ihnen Zuversicht und Hoffnung zu geben. Einen Dach über dem Kopf, Sicherheit und, ganz wichtig, die Chance für die Kinder, anderen Kindern zu begegnen. Eines dieser Mädchen geht in die Schule meiner Tochter. Es macht sie glücklich und uns auch. Jedes Lächeln von ihr, wenn auch nur zaghaft, ist so voller Hoffnung und Sonnenschein.

Nach  Angaben des UNHCR sind mehr als 12,65 Millionen Menschen in den am stärksten vom Krieg berührten Gebieten der Ukraine betroffen (Stand 25.3.2022). Mehr als 3,6 Mio. Menschen sind bisher über die Grenzübergangsstellen in Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien aus der Ukraine geflohen.Die Bundespolizei hat bisher insgesamt rd. 272.500 Vertriebene aus der UKR festgestellt. Den Schwerpunkt bildet die Grenze zu Polen (161.700) und zu Österreich (63.200). Die lediglich intern vorliegenden Zahlen der Registrierungen belaufen sich auf aktuell auf 48.000, davon sind ca. 69% Frauen, ca. 30 % jünger als 14 Jahre und 6,4% älter als 65 Jahre. Für diese Menschen müssen wir da sein. Für sie Möglichkeiten eröffnen. Seit Tagen arbeiten wir im Ministerium, um genau das zu tun und unsere Liste ist inzwischen lang. Ihr könnt es gerne selber nachlesen.

Aber viel mehr versuche ich, auch mich persönlich einzusetzen und fiebere mit jedem Menschen, der sich auf den Weg macht, um in Sicherheit zu kommen. Menschen mit Behinderungen auf dem Weg nach Urstberg, die ich gefühlt in jedem Schritt begleite, Kinder aus Waisenhäusern, Mütter auf der Suche nach ihren Kindern, die bereits mit anderen Älteren vorausgegangen sind. Sie alle in Gedanken bei den Menschen, die zurückbleiben mussten. Krieg, bringt nur Leid, nichts, gar nichts davon ist gut. Nichts davon ist nachzuvollziehen und doch ist der Krieg mitten unter uns.

Es wird uns verändern, herausfordern, Gewohnheiten brechen, unüberschaubare Konsequenzen mit sich bringen. Sind wir darauf vorbereitet? Nein. Sind wir uns der Verantwortung gewahr? Hoffe, ja. Nicht alle, aber wir im Team des Familienministeriums und auch bei den Grünen schon.

Wie sehen meine Tage derzeit aus? Ich bin trotz allem viel unterwegs, arbeite im Ministerium, im Parlament, im Ausschuss. Verhandlungen, Termine, Anrufe, Mails, Leitungsvorlagen und so vieles mehr. Am Freitag kam zum Beispiel ein Angebot von einem sehr bekannten Schauspieler, er hat Platz für 80 Menschen. Eine andere Mail, sie wollen Menschen mit Behinderungen helfen, brauchen Platz. Wieder andere, sie kommen nicht aus Ukraine raus und haben nur noch eine Nachricht- “helfen Sie uns”.

Ich konnte alle Anrufe annehmen, helfen, organisieren, Kontakte vermitteln, zwischen Debatte, AG Treffen, Verhandlungen, ob Kinder aus Waisenhäusern unbegleitete Minderjährige sind und eher nach Jugendhilfegesetz oder nach Asylbewerberleitungsgesetz eingeordnet werden.

Dann der Moment. Auf dem Sofa sitzen, Grundrauschen noch in den Ohren, eine Tasse Tee in der Hand, das plappern der Familie und einfach nur dankbar sein. Um alles was wir haben. Kennt ihr das? Wenn nicht, dann versucht unbedingt, das Wunderbare im Alltäglichen schätzen zu lernen. Denn das trägt uns durch diese Zeit.

Euch trotz allem, vor allem: eine gute Zeit!

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